Schütze deinen Seelenfrieden

Der tägliche Stoiker vom 12.2.2018
Inspiriert durch das Buch „Der tägliche Stoiker“ von Ryan Holiday und daraus zitiert.

„Behalte stets deine Wahrnehmungen im Auge, denn was du da beschützt ist nichts geringeres als dein Respekt, deine Vertrauenswürdigkeit, deine Standhaftigkeit, dein Seelenfrieden, das Fehlen von Schmerz und Angst, in einem Wort, es ist deine Freiheit. Wofür würdest du dies alles hergeben?“
Epiktet, Lehrgespräche, 4.3.6b-8

Wie sind meine Wahrnehmungen? Und wie benehme ich mich darauf hin? Kann ich etwas überzeugend vertreten, zum Beispiel in einem Referat, was nicht mein ist; was ich nicht für mich annehmen kann? So ein 10 bis 15 minütiges Referat ist nicht lang. Es geht nicht darum jemanden zu überzeugen oder gar etwas zu verkaufen. Doch halte ich mich nur für bedingt fähig so etwas zu machen. Die Daten runterratern. Etwas dazu sagen. Ja; doch ist dies wirklich meine Art? Nein. Und wenn es schon bei einem bescheidenen Referat so ist, wie könnte ich es denn in der Arbeit? Oder sonst im Leben?
Natürlich können Herausforderungen, welche einem nicht schmecken, die besten Früchte gedeihen. Doch ist es das Risiko wert? Wenn ich ein wenig den Respekt vor mir verliere, meine Standfestigkeit angrabe und meine Freiheit dadurch einschränke, wie ändere das mein Verhalten zu anderen?
Der Gedanke dieser Frage führte mich zurück zu meinem ersten Ansatzpunkt an das Zitat. Ich halte mich für einen Menschen, der Menschen als gleichwertig sieht und sie auch entsprechend verhält. Und doch erwische ich mich selbst ab und zu mal wie ich auf andere herabblicke, manchmal nur durch ein gedachtes Schimpfwort. Immer nur kurz; einen Augenblick lang; ein Bruchteil einer Sekunde. Stets frage ich mich was das soll und wie ich darauf kam. Nie geschieht so etwas gegenüber Menschen die mir nahe stehen. Es ist ab und zu mal bei Kunden oder gänzlich Fremden. Nie aus einem Disput heraus oder weil ich mich ärgere. Wie aus heiterem Himmel. Aber wenn es nicht Anlass- oder Personenbezogen ist, weil mir Emotionen durchgehen – welche ich gar nicht haben sollte, idealerweise – wo kommt dieser Splitter des Disrespekts dann her und wo zielt er eigentlich hin, wenn nicht von mir auf mich.
Wofür und Weshalb gebe ich mich auf? Wenn es auch nur so kurz ist?
Es gibt Zitate, welche in mir mehr Fragen aufwerfen als das ich Antworten geben könnte.
So beschließe ich diesen Kommentar vorerst wie manchen Tagebucheintrag.
Es gibt viel zu verbessern.
Frank, Polyblob

König oder Tyrann?

Der tägliche Stoiker vom 11.2.2018
Inspiriert durch das Buch „Der tägliche Stoiker“ von Ryan Holiday und daraus zitiert.

„Unsere Seele ist mal ein König, mal ein Tyrann. Sie ist königlich wenn sie sich um das kümmert, was ehrenhaft ist, wenn sie den Körper schützt und ihn gesund hält, wenn sie ihm keine schädlichen Befehle gibt. Aber eine unkontrollierte Seele, eine, die von Begierden angetrieben wird und die es gewohnt ist, dass ihr jeder Wunsch erfüllt wird, ist nicht königlich, sondern sie wird zu dem, was wir meisten fürchten und verabscheuen: zum Tyrann.“
Seneca, Moralische Briefe, 114.24

Wer bewacht die Wächter? Mit dieser Frage begann ich vor etwas mehr als zwei Wochen die Reflektion. Nun frage ich mich wie ich darauf kam, wo ich heute einen anderen Ansatzpunkt habe. Wenn zum Beispiel Mut eine Tugend ist und Angst die Untugend dazu, dann ist Übermut das entgegengesetzte Extrem. In beiden Endpunkten bin ich Gefangener meiner Triebe. Nun, durch Übermut entseht oft ein Adrenalinkick. In diesem Fall von Begierden zu reden klingt passender als bei Angst. Doch mit Angst verhält es sich ähnlich. Man wird beherrscht von den Überlebensinstinkten. In beiden Fällen ist die eigene Seele kein gütiger König, welcher sich um das Wohlergehen sorgt, sondern ein korrumpierter Tyrann, der einen unterdrückt und einem die Befriedigung seiner Bedürfnisse aufzwingt.
Das klingt jetzt ein wenig schizophren. Ist es auch gewissermaßen. Aber in gewisserweise sind es die Momente, in denen einem Menschen, welche einen wirklich gut kennen, sagen, man ’sei nicht sich selbst‘ ebenfalls.
Wer die Wächter bewacht? Nur man selbst. Denn all dies spielt sich in ein und der selben Seele ab. Es liegt an mir selbst wie ich zu mir bin.
Frank, Polyblob

Wut ist ein schlechter Antrieb

Der tägliche Stoiker vom 10.2.2018
Inspiriert durch das Buch „Der tägliche Stoiker“ von Ryan Holiday und daraus zitiert.

„Es gibt nichts, was einen mehr betäubt als Wut. Nichts ist so sehr auf seine eigene Kraft fokussiert. Wenn sie Erfolg hat, ist nichts so arrogant, wenn sie scheitert, ist nichts so wahnsinnig. Da sie selbst in der Niederlage nicht an Kraft verliert, greift die Wut sich selbst an, wenn das Schicksal ihr den Feind entzieht.“
Seneca, Über die Wut, 3.1.3

Ärger – Wut – Hass.
Emotionen die Einen antreiben können. Stets jedoch auf eine negative destruktive Art. Nicht nur in Bezug auf das Ziel. Nein. Es verzehrt Einen auch selber. Kostet Kraft. Reibt Einen auf. Man fokussiert sich darauf, vernachlässigt anderes. Die böse Ironie dabei ist, dass es keinen Unterschied macht ob man gewinnt oder verliert. Sie – die Emotion, der brennende Hass, die loderne Wut, der drückende Ärger – verraucht erst wenn alles abgebrannt ist.
Wobei es mir nicht darum geht diese Emotionen mal rauszulassen. Dies dient zur Kanalisierung, zur Verarbeitung eben jener Negativität. Mal Dampf ablassen ist was anderes als mit Dampf etwas, oder am liebsten noch alles, wegblasen zu wollen.
Es geht darum den falschen Weg zu begehen.
Frank, Polyblob

Du mußt nicht unbedingt eine Meinung haben

Der tägliche Stoiker vom 9.2.2018
Inspiriert durch das Buch „Der tägliche Stoiker“ von Ryan Holiday und daraus zitiert.

„Wir haben die Macht, uns keine Meinung über Dinge bilden zu müssen und uns dadurch aus unserer Gemütsruhe bringen zu lassen – denn Dinge haben per se nicht die Macht, unser Urteilsvermögen zu beeinflussen.“
Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, 6.52

Mit einer Meinungs- oder gar Urteilsbildung kann man ja schnell bei der Hand sein, doch ist es tatsächlich nötig sich über so manches den Kopf zu zerbrechen? In Bezug zu Arbeitswelt habe ich mal den Spruch „Change it or leave it“ mitbekommen. Übersetzt habe ich ihn mir mit „Akzeptiere es, änder‘ es oder geh“. Es gibt Verhaltensweisen und Sachverhalte in einer Firma über die man sich noch so sehr den Kopf zerbrechen kann; gegen Die man während der Arbeitszeit noch so angeht. Welche einen im Privatleben keine Ruhe lassen. Ist es dies wirklich wert? Es bringt nichts und schadet nur. Und wenn man dann noch anfängt über ungelegte Eier und noch nicht, aber vielleicht doch irgendwie mögliche, eingetretene negative Ereignisse sich den Kopf zu zerbrechen – wie weit ist es dann mit der Gemütsruhe?

Oder in der großen Politik: Das die Gefahr eines Atomkrieges besteht weil zwei anscheinende Egomanen in Nordkorea und den U.S.A. Staatsführer sind und sich gegenseitig beharken, dies ist doch klar. Braucht es das tatsächlich die fast wöchentliche Wiederholung in den Medien? Sollte ich mir wirklich darüber immer wieder aufs Neue Gedanken machen?  
Frank, Polyblob

Geht es dir jetzt besser?

Der tägliche Stoiker vom 8.2.2018
Inspiriert durch das Buch „Der tägliche Stoiker“ von Ryan Holiday und daraus zitiert.

„Du weinst, während ich unerträgliche Schmerzen aushalte? Fühlst du dich jetzt denn erleichtert, nachdem du dich so unmännlich verhalten hast?“
Seneca, Moralische Briefe, 78.17

Klingt gleich mal recht heftig und ich frage mich in welchem Kontext Seneca diese Frage stellte. Holiday führt den Kommentar so aus das man diese Frage, oder eine Variante davon,an jemanden Jammerten stellen kann, um diese Person auf den Boden zurückzuholen. Kommt mir ziemlich undiplomatisch vor. Eine Person über die Unterschiede zwischen dem Mitteilen von echtem Schmerz und dem bloßen Jammern darüber, oder schlimmer noch: dem Wimmern über nicht wirkliche und nur als so dargestellte Schmerzen, aufzuklären geht auch anders. Es ist doch auch immer die Frage wie gut man die Person kennt, um was es geht und was die Hintergründe sind.
Für mich stellt sich diese Frage eher so: „Bei alldem was ich schon erlebte und miterlebte – ist dies wirklich so schlimm um in Trübsal zu versinken?“ Ähnlich versuche ich es bei Menschen die mir nahe stehen. „Was gab es denn nicht schon alles in der Vergangenheit und was kann es nicht alles Positives in der Zukunft gehen, wenn wir die Gegenwart anpacken.“ Jetzt nicht so in dem Wortlaut, jedoch in der Art. Und etwas Positives aus dem Leid ziehen, beziehungsweise aufzeigen.
Bei Menschen, welche mir nicht so nahe sind, die Eigenschaft haben immer etwas negatives zu sehen und die sich anscheinend nur dann gut fühlen wenn es ihnen schlecht ergeht, höre ich gar nicht richtig zu. Das Ganze, Wort wie Emotion, bleibt bei mir oberflächlich und berührt mich nicht tiefer. Sie sind mir nicht mal nahe genug das mir dies Fragestellung in den Sinn käme.
Frank, Polyblob

Angst ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung

Der tägliche Stoiker vom 7.2.2018
Inspiriert durch das Buch „Der tägliche Stoiker“ von Ryan Holiday und daraus zitiert.

„Vielen Menschen schadet vor allem die Angst an sich, und das Schicksal vieler Menschen hat sich bereits erfüllt, während sie noch auf die Erfüllung ihres Schicksals warten.“
Seneca, Ödipus, 922

Ein Beispiel: Von einer psychologische Studie habe ich gelesen, in der untersucht wurde inwiefern sich Frauen sicher fühlen wenn sie sich bewaffnet haben. Es machte keinen Unterschied ob mit Reizspray oder Gaspistole. Das Gefühl sich schnell verteidigen zu können, eine Waffe griffbereit zu tragen, führte nicht dazu das dies  Empfinden von Gefahr abnahm. Im Gegenteil sogar: andere Menschen wurden häufiger als Bedrohung empfunden. Die Befürchtung Opfer einer Gewalttat zu werden war als unbewußtes Gefühl bereits vorhanden. ‚…es könnte ja was passieren…‘ war vorrangig vor einem ‚…ich kann mich wehren…‘. Diese Studie hat sich meiner Erinnerung nach zwar auf Frauen bezogen, doch betrifft es Männer mit Sicherheit ebenso. Diese Menschen sind bereits Opfer ihrer Befürchtungen, hervorgerufen durch Angst, geworden, noch bevor sie Opfer eines tatsächlichen Verbrechens wurden.
Ein anderes Beispiel: Es gibt eine medizinische Diagnose. Das Ergebnis lässt einen erschauern. Die Zukunft ist auf einmal ungewiss. Ungewisser denn je. Noch bevor ein erster Schritt von der Gegenwart vorwärts in die Zukunft getan wird, schaltet das Kopfkino auf Horrorfilm. In Real3 und Dolby Surround. Leicht hatte man es nie, doch nun scheint es ein Schrecken mit einem bösen Ende zu werden. All das Schlimme und Fürchterliche was geschehen könnte, was man vielleicht sogar schon länger als Möglichkeit kommen sah, wird vor dem inneren Auge wahr. Schmerz wird körperlich spürbar. Wie das Leben den Bach runtergeht, alles zusammenbricht – all das ist real ohne Realität zu sein. Man verharrt in dieser Art Schockzustand und das eigene Schicksal hat sich erfüllt, noch bevor es die Möglichkeit bekam überhaupt eine Form – positiv wie negativ – anzunehmen.

Die menschliche Vorstellungskraft kann etwas wundervolles, geradezu phantastisches sein. Nicht nur Gläubige von Religionen, von irgendwelchen esoterischen Strömungen oder „naiven“ positiv Denkenden glauben an die Macht der inneren Einstellung, an den Glauben an sich und etwas was einen die Gemeinheiten des Lebens überwinden lässt. Was einen dabei hilft zu heilen oder zumindest die Angst einzäunt, anstatt sich von der Angst einmauern zu lassen. Auch die Schulmedizin hat schon erkannt und bewiesen wie wichtig dies ist. Auch dazu gibt es Studien. Doch bekannt ist dies schon länger. Oder glaubt ernsthaft jemand etwa das Kinderstationen deswegen so gut wie möglich kindgerecht eingerichtet werden um die Kleinen zu bespaßen? Es ist doch vielmehr so das dies den Kindern in ihrer Genesung hilft, wenn sie nicht hängen gelassen werden.
So hilfreich die menschliche Vorstellungskraft sein kann, so schädlich kann sie werden. Wenn sie nicht von Tugenden, sondern von Ängsten geleitet werden.
Frank, Polyblob

Warum mir?

Warum mir? Oder besteht die Welt nur noch aus ausgesperrten Katzen und verlorenen oder seltsamen Menschen?
Fragen, welche ich mir derart nicht nur am späten Montag Abend stellte. Doch dieser Gedankengang führt in eine andere Richtung; vielleicht zu einem anderen Artikel.
Jedenfalls geschah es so:
Von der Arbeit nach Hause gekommen, breche ich noch mal auf; Katzenfutter zu holen. Nachdem ich bezahlt, die paar Cent Wechselgeld der Büchse fürs Kinderhilfswerk überlassen habe, gehe ich gut gelaunt aus dem Drogeriemarkt raus. Eigentlich bräuchte ich ja noch Kippen, weshalb ich zum Kiosk die Straße runter gehe, nur um festzustellen das es gerade geschlossen hat. So nehme ich also einen eher parallelen Weg nach Hause als sonst um diese Uhrzeit, kurz nach 19:00 Uhr. Kopfhörer habe ich diesmal nicht auf. Ständig unterwegs Musik hören will ich dann auch wieder nicht.
Schlender‘ also guter Dinge den Bürgersteig entlang. Da höre ich ein hohes Maunzen und sehe dann die kleine Katze, welche auf mich zukommt. sie trägt ein Halsband mit Glöckchen und neckischem kleinem roten Halstüchlein am Halsband. Sie lässt sich streicheln und kraulen, dabei denke ich mir: ‚Die ist aber ganz gut im Futter oder ganz gut schwanger.‘ Die Kleine läuft dann zu einer Haustür und macht ziemlich deutlich das sie da reingehört. Also schaute ich wo Licht aus den Fenstern schien und fing an zu klingeln. Niemand reagierte. Zumindest viel mir keine Reaktion auf. Dann klingelte ich der Reihe nach. Wieder nichts. Schließlich kam eine ältere Dame aus der einen Wohnung raus um mit ihrem Hund ein wenig Gassi zu gehen. Ich winkte der Dame durch das Haustürfenster zu und nahm die Katze also sicherheitshalber auf den Arm und hielt sich sicht- und praktischerweise auch mal zum Fenster hoch. Dann hielt ich sie mit beiden Händen an meine Brust, weil so klein und schon mal gar nicht zierlich war sie dann auch wieder nicht. Sie öffnete mir die Tür, erzählte das die Katze zur Nachbarin gehörte und auch raus dürfe, das sie sich schon fragte wer da Sturm klingele (die Freisprechanlage ist wohl nicht gerade das wahre), ich setzte die Katze vor der Wohnungstür ab, wo diese zugleich miauend Stellung bezog und begleitete die Dame noch ein Stück, da sie in die selbe Richtung ging wie ich. Dabei unterhielten wir uns, dass sie auch schon Katzen hatte, aus dem Tierheim so wie den Hund, dass sie über 40 Jahre für den Tierschutz tätig war, und vieles mitbekommen hätte und Menschen von ihrer schlechten Seite kennengelernt hätte, dass schon mal eine Katze eineinhalb Jahre lang verschwunden war und in Ebersberg wiedergefunden wurde, dass Freigänger gefährlich leben wegen den Autos, das sie deswegen eine Hauskatze nicht rauslassen würde, und an dem Punkt wo sie von der Chinesenmafia sprach, welche freilaufende Katzen einfängt und in den Kochtopf schmeißt, wurde mir diese gütige, nette, ältere, tierliebe Dame dann doch ein wenig unheimlich. Wir sprachen dann noch kurz vom Malen bevor sie durch eine weitere Tür in den Hinterhof verschwand, nicht ohne dass sie ungefragt erwähnte, daß sie der Katzenhalterin schöne Grüße von mir ausrichten würde.
So ging ich positiv gestimmt und berührt, mehr meinen Gedanken folgend, ca. 50 Meter weiter, höre eine Frauenstimme „Hallo!“ rufen. Darüber hinweghörend, denn mit solchen Anreden bin ich normalerweise nicht gemeint, gehe ich ein paar Schritte weiter. Wieder dieses „Hallo!“ Ich registriere, dass etwas vor mir ein junger Mann mit aufgesetzten Kopfhörern weiter geht, er war wohl nicht angesprochen, hat nichts mitbekommen – oder ignorierte es geflissentlich -, wende meinen Blick Richtung Stimme und sehe ein Frau im Bademandel vor einer geöffneten Haustür stehen. Sie stützt sich leicht an einem parkenden Wagen an, schaut mich an und wiederholt ihr „Hallo“.
Ich gehe auf sie zu, frage ob ich helfen kann. Sie wiederum fragt ob ich ihr ein Taxi rufen kann. Mal abgesehen davon, dass sie im Bademandel dasteht, erkenne ich dass sie nicht ganz Herrin ihrer Sinne ist. Ihre Stimme ist belegt, ihr Blick etwas verwaschen, die Aussprache jedoch deutlich. Ein Alkoholgeruch ist immer wieder zu riechen. Nicht stark, doch etwas hochprozentiges. Da ich normalerweise kein Taxibesteller bin, dauert es etwas. Sie nennt mir die Zentrale bei der ich anrufen soll, ihren Nachnamen und im zweiten Anlauf die korrekte Nummer. Zwischen dem Online suchen, ihren Angaben und dem Anrufen frage ich mehrmals ob ich nicht besser einen Notarzt rufen solle, beziehungsweise sage das ich das auch tun könne. „Nein“. Ich frage sie wohin sie den fahren wolle. „Das können sie schon mir überlassen.“ Wie schon erwähnt: sie ist nicht ganz anwesend, jedoch bei Bewußtsein genug um zu wissen was sie will und was nicht. Ich spreche noch zu ihr, daß ich ihr vertraue und komme mir in Anbetracht der Umstände doch etwas seltsam dabei vor. Sie hatte kein Problem damit im Bademandel in der kalten Nacht auf dem Bürgersteig zu stehen, hielt ihr Fahrziel aber für Privatsache. Ihr wird kalt, sie sagt dies, auf das sie wieder langsam reingeht, während ich noch in der Warteschleife der Taxizentrale warte. Als ich drankomme nenne ich meinen Namen, bestelle ein Taxi zur Straße und Hausnummer, schaue dabei auf die Klingelplatte, wo tatsächlich ihr Name so steht, erfahre das es 5 bis 7 min dauert und gehe durch die offen stehende Haustür zu ihrer Wohnungstür. Auch diese steht etwas offen. Ich klopfe an, betrete jedoch nicht den Flur, sehe einen umgekippten Seitenschrank, einer dieser halbhohen Schränkchen die gerne mal in Fluren stehen, am Boden liegen mit der Rückseite nach oben. Ein wenig Kleinzeug herum und etwas was leuchtet wie ein Router dabei. Seltsamerweise kam mir nicht der Gedanke Spuren von häuslicher Gewalt oder Einbruch zu sehen. Ich rufe nach hier, sie antwortet bejahend, Ich nenne die angegebene Ankunftszeit des Taxis, sie bedankt sich, ich wünsche ihr noch alles Gute und gehe langsam wieder Richtung Zuhause.
Seit dem, geht mir die Geschichte immer wieder im Kopf rum.
100% sicher sein kann man sich nie bei nirgends. Doch finde ich das ich mit Sicherheit nicht zuviel getan habe. Aber habe ich zuwenig getan? Ich weis es nicht. Ich bin mir da eben nicht sicher. An mir fällt auf, dass ich meine Einschätzung der Lage immer wieder überprüfe und dies auch bereits während des Geschehens tat. Die Frau war ansprechbar. Sie hatte Kontrolle über ihre Bewegungen. Mir fielen keine Verletzungen auf. Sie erschien mir auch sonst nicht akut gefährdet. Noch auf dem Heimweg kam mir der Vergleich zu einer Alkoholikerin, die einen Rückfall hatte und in eine Klinik will. Aber dies ist schon eine Mutmaßung. Dass ich mir dachte, dass der Taxifahrer bald vorfährt, hat mich an dem Abend zwar etwas beruhigt. Aber eigentlich habe ich Verantwortung abgegeben und mich auf das Urteilsvermögen eines Unbekannten mitverlassen.
Eine Situation im Graubereich. Ich bin zwar respektvoll mit der Dame umgegangen, doch manchmal erweist man einen tieferen Respekt dadurch, dass man in der Situation oberflächlich respektlos handelt, weil dies eben diese Situation so erfordert.
Eins ging mir vorgestern auch noch durch den Kopf. Der Taxizentrale habe ich meinen Namen genannt. Meine Mobilnummer haben sie ebenso (es kam auch einen Nachricht, ich solle die Fahrt bewerten … Hah Hah), wäre es die Art von ernstem Notfall mit Arzt und so, ich vermute mal die Polizei hätte sich schon gemeldet wegen einer Zeugenaussage. Jedoch auch dies ist nur eine Mutmaßung. Dazu ändert sich im Nachhinein der Ablauf der Ereignisse ebenso wenig wie durch solche Feststellungen. Vielleicht hätte ich noch den Beginn der Fahrt abwarten sollen. Vielleicht wollte sie ja in eine bestimmte Klinik. Vielleicht wollte sie zu bestimmten Menschen. Vielleicht, vielleicht,…
Was mir an mir selber auffiel, ist das abwägen. Ich habe nicht blind drauflos geholfen, noch habe ich die Dame und ihre Bedürfnisse ignoriert. Mir ist mehr als wenn ich bewußt wie unbewußt die Dame und ihre Situation beachtete und abwägte wie zu handeln ist.
Die letzten eineinhalb Woche waren schon sehr voll gesteckt bei mir, mit meinem Tagebuch liege ich ein paar Tage zurück, mit den Stoikern noch weiter. Mit meinen Kommentaren versuch‘ ich zwar stets nicht abgehoben zu formulieren, in der praktischen Welt zu bleiben und die Verbindung zu etwas Höherem über Moral, Ethik, Werte und Tugenden zu knüpfen. Inzwischen lasse ich dabei hin und wieder etwas persönliches von mir ganz bewußt mit einfließen. Dieser Montag Abend und die darauf folgende Zeit kommt mir aber vor wie „Meine Stoa in Realtime“. Kein Zurückbesinnen auf ‚wie habe ich‘ und ‚wie war ich‘. Kein ‚ich bin so‘ und ‚ich mache es so‘. Kein ‚ich würde so‘. Und erst recht kein ‚…man…‘. Irgendwie kommt es mir wie eine Art Prüfung vor. Zumindest überprüfe ich mich selber.
Bisher habe ich auch noch niemand davon erzählt, so blieb es allein an mir selbst mich an meinen Maßstäben zu messen und auch diese zu hinterfragen. Ohne Hilfe und ohne Beeinflussung.
Es ist halt so, das ich nicht „nur“ helfen will. Ich will besser werden im Helfen. Da fällt mir auch prompt ein, das ich meinen Erste Hilfe Kurs schon verdammt lang nicht mehr aufgefrischt habe. Das letzte Mal das ich daran dachte war auch glatt so eine Situation in der ich wirklich sehr froh war das Sanitäter und Ärzte gleich vor Ort waren. Diesmal gab es diesen professionelle Entsatz nicht. Und ein nächstes Mal mag es nicht so einfach sein an einem Wochenende oder einem anderen Abend wieder zu dieser Tür zu gehen, die Klingel drücken und ein wenig Gewissheit kriegen.
Diesmal kam ich mir nicht so leicht überfordert vor. Ich habe mein Bestes getan, so gut ich konnte in diesem Moment meines Lebens. Doch dieses Beste kann noch besser werden. Viel besser.
Carpe Diem.

Ein spirituelles Mantra für einen atheistischen Stoiker

Seit dem Stoiker zur Kraft eines Mantras verfestigt sich in mir etwas, was vielleicht vergleichbar zu einem Mantra ist. Ironischerweise war die Quelle dazu bereits da. Ich wußte nur nicht damit umzugehen. Vor einiger Zeit kaufte ich, wenn ich mich nicht irre in der staatlichen Antikensammlung, eine Postkarte mit einem Motiv im Stil einer antiker Marmorplatte und der Inschrift „Carpe Diem“. Sie hat, und das nun möglicher Weise auch schon seit einem Jahr, einen schönen Platz an der Innenseite der Wohnungstür. Und ab und zu beachtete ich diese Aufmerksamkeitserinnerung sogar vor dem Öffnen der Tür. Doch so richtig zündete die Idee nicht in mir. Erst beginnend mit den Reflektionen über Epiktets morgendliches Ritual und Senecas Tagesrückblick entwickelte sich diese Idee in mir weiter.

„Carpe Diem. Was macht Sinn? Was ist Unsinn?“

Das ist mein Mantra. Zugegen, es hat nicht die Spiritualität eines wahren Mantras. Dazu kommt auch noch das ab und zu ein kleiner Schelm in mir, nach dem mündlichen oder gedanklichem Sprechen der Wörter, hinzufügt: ‚Carpe Noctem‘. Es kratzt aber auch nicht nur an der Oberfläche wie ‚Was wollt ich noch mal?‘, Warum mache ich das?‘ oder ‚Was soll das?‘. Für mich als Nicht-Lateiner, welcher gerade mal das kleine Asterixum hat, ist es auch noch nicht ohne Selbstironie auf lateinisch mich selbst aufzufordern ‚Nutze den Tag‘.
Für mich geht es schon etwas tiefer. Es stellt schon Fragen nach gerechten, maßvollen Entscheidungen und Handlungen; nach Richtig und Falsch. Es passt zu mir. Zu dem Stoiker, der ich bin. Zu meiner Ironie. Dazu, das ich zwar nicht spirituell, jedoch keineswegs materialistisch bin. Ich habe auch so das Gefühl, das dieses spirituelle Mantra eines atheistischen Stoikers sich noch weiter entwickeln wird, an Reife und Tiefe gewinnend für mich.

Da ich inzwischen relativ zügig darin bin Kommentare zu lesen, jedoch noch nicht soweit diese auch in einem passendem zeitlichem Rahmen zu beantworten, möchte ich an dieser Stelle Susi und Rashid danken für ihre Worte und dafür das sie von ihren Mantras erzählten. Das Reflektieren dessen hat mir geholfen zu meinem zu finden.
Frank

Suche nicht den Konflikt

Der tägliche Stoiker vom 6.2.2018
Inspiriert durch das Buch „Der tägliche Stoiker“ von Ryan Holiday und daraus zitiert.

„Ich halte nichts von denen, die sich kopfüber in die Fluten stürzen, die freiwillig ein turbulentes Leben führen und jeden Tag unter großer geistiger Anstrengung mit ihren schwierigen Lebensumständen hadern. Ein weiser Mensch wird dies aushalten, aber er wird es nicht ausdrücklich suchen. Seine Entscheidung ist Frieden, nicht Krieg.“
Seneca, Moralische Briefe, 28.7

Ein turbulentes Leben? Wenn man sich auf sein Leben einläßt, kann es turbulent genug sein. Konflikte suchen? Warum, läuft es wirklich so glatt das es langweilig genug ist, daß man unnötige Risiken eingehen braucht? Es sind die Aufgaben und Herausforderungen des eigenen Lebens, welche man wählt. Die Frage ist welche Sinn haben und geben und welche unsinnig sind. „Turbulenzen“, die nichts als Ablenkung von einem selbst sind oder nur für einen billigen Adrenalinkick herhalten dürfen. Nichts als bloße Biochemie ohne Sinn nach etwas annähernd Höherem. Wer braucht denn wirklich sowas? Ein weiser Mensch nicht.
Frank, Polyblob

Mässige deine Impulse

Der tägliche Stoiker vom 5.2.2018
Inspiriert durch das Buch „Der tägliche Stoiker“ von Ryan Holiday und daraus zitiert.

„Lasse dich nicht wie einen Spielball behandeln, sondern unterwerfe jedes impulsive Verhalten den Ansprüchen der Gerechtigkeit und verteidige deine klare Überzeugung immer und überall.“
Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, 4.22

Instinkte, unbewußte Reaktion, können einem das Leben retten oder zumindest warnen. Es geht nicht darum sie zu beherrschen oder gar zu unterdrücken, kaltzustellen oder ganz abzuschaffen. Es geht darum diesen Impulsen nicht unreflektiert nachzugehen. Nicht blindlings dem Bauchgefühl folgen.
Man kann einem Gefühl folgend sich denken ‚Eh, da melde ich mich‘. Es fühlt wich gut an, also warum nicht? Wenn man aber etwas später darüber nachdenkt, was man sich erwartet, hofft, was die realistischen Folgen sein können, was schief laufen könnte – wenn man also pro und contra abwägt und dann dieses erste Gefühl dadurch noch bestärkt wird, was kann dann noch verkehrt sein an diesem ursprünglichen Impuls? Selbst wenn es dann nicht sein sollte, so hat man doch schon mal einen ersten Schritt für neue Wege getan.
Gut, bei meinem Beispiel spielt zwar Zeit ein Faktor, doch auch bei kurzfristigen Zeitrahmen ist es dem geübten Geist möglich sich von seinen Impulsen nicht verleiten zu lassen, sondern sie zu klären oder als Leitimpuls wahrzunehmen. So gibt es keine Kopfgeburten ohne Herz und keine verstandbefreiten impulsive Sprünge im Leben.
Frank, Polyblob