Vorwort
Im nachhinein habe ich mich gefragt warum mich dies so beschäftigte. Wo ich doch nicht mal dabei war und aus nur einen Satz bezüglich des Abends mir derart immer wieder Gedanken im Kopf rollten. Naja, auch im Magen – sinnbildlich gesprochen – grummelte es ein wenig.
Es geht mir nicht um die Person. Vielleicht war diese Persönlichkeit nicht mal so drauf an dem Abend, wie sie wohl ankam bei einer Zuhörerin.
Es geht mir um eine gewisse Sichtweise, welche leider so manchem Menschen zu eigen ist. Bei manchen als temporäres Empfinden, bei anderen als grundsätzliche Einstellung.
Der Begegnungsladen, in welchem ich ehrenamtlich tätig bin, hatte an einem jüngst vergangenen Freitagabend einen Gastvortrag eines Greenpeace-Aktivisten. Wenn ich mich richtig an den Programmkalender erinnere, ging es um Kunststoffe und davon rührenden Umweltschäden. Leider war ich nicht selber da, aber eine wirklich sehr gute Freundin – sozusagen meine Ehrenschwester – von mir fasste mir den Abend so zusammen:
„Eigentlich ist die Welt nicht zu retten!“
Aber was heist hier „die Welt retten“ eigentlich?
Welche endtäuschten Allmachtsphantasien hat den dieser Mensch wenn er derart daherredet? Diesen Planeten, mitsamt seiner Natur, gab es schon lange bevor das erste menschenartige Wesen sich erdreistete vom Baum runterzufallen und halbwegs aufrecht die Steppen heimzusuchen. Und es wird diese Welt noch geben wenn der Mensch inklusive seinen Spuren schon lange im Dunst der Zeit verschwunden ist. Sollte es nicht also besser lauten:
Ist der gesunde Menschenverstand nicht zu retten?
Geradezu im wahrsten Sinne des Wortes ’natürlich‘ sollte der Mensch die Natur schützen anstatt sie zu schädigen.
Ob er will oder nicht, er ist und bleibt ein Teil von ihr.
Wie jeder Mensch auf sich als Einzelnen achten könnte, so sollte Jeder auch auf Jenes achten zudem er gehört.
Vielen Menschen, wie auch mir persönlich, geht es um die Liebe zur Natur, um Respekt und Verantwortung zur Schöpfung – wenn ich mir als Atheist gestatte dies so einfach wie allumfassend auszudrücken.
Es geht um Wertschätzung.
Andere, eher materialistisch geeichte Menschen, schätzen lieber den Wert von Dingen. Mathematisch betrachtet scheint ihnen der wahre Kosten/Nutzen-Faktor nicht wirklich bewußt zu sein. Was auch daran liegen mag, daß ihnen noch niemand die Rechnung präsentiert hat. Welche die meisten von ihnen ja doch auch indirekt zu zahlen haben. Und wenn es „nur“ die Lieblingsurlaubsinsel ist, welche demnächst in ein paar Jahren abgesoffen sein dürfte; Aufgrund eines nicht unerheblichen Anteils der menschlichen Handlungsweise an der Erderwärmung.
Bei vielen Menschen habe ich den Eindruck es hakt ein wenig an der Gewichtung ihrer Verhaltensweise. Anders kann ich mir nicht erklären wie die Leute in Bioläden einkaufen, das Ganze in ihre SUV packen und damit nach Hause fahren können. In einer Großstadt. In Autos deren Design an Geländewagen erinnern soll, daherkommen wie Panzer aber eine Alm nicht senkrecht runterkommen, noch einen Granateinschlag aushalten und gerade mal auf asphaltierten ebenen Straßen recht gut fahrbar sind.
Global betrachtet wird dabei, so behaupte ich mal, im Jahr die selbe Menge Ruß in die Luft gepresst wie bei einem mittleren Vulkanausbruch. Im Kern das selbe Verhaltensmuster als wenn man mitten im Münchner Berufsverkehr bei Rot über die Ampel geht. Man wird nur nicht so schnell umgeholzt. So wie ein Dinosaurier seinen Tod auch erst mit Verzögerung feststellte. Als wenn beim vernunftbegabten Menschen eine getrübte Wahrnehmung des puren Egoismus der Selbsterhaltung besteht. Eine Art der kognitiven Störung.
Apropos Störung: Es heist ein Zyniker ist ein enttäuschter Idealist. Ich möchte noch hinzufügen: Ein Sarkast ist die humanistische Variante eines Zynikers.
Zwischen diesen Polen pendel‘ ich. Gewissermaßen eine tripolare Bewußtseinsstörung. So wie das Thema mich beschäftigt, dürfte dieser Beitrag ebenso pendeln.
Nun, einerseits scheint also das Interesse der Menschen an wahrer Nachhaltigkeit begrenzt zu sein. Oder es wird mit Tunnelblick drauflosgefahren. Sonst hätte dieser Greenpeaceler vielleicht nicht so diese Stimmung weitergegeben.
Also eigentlich ist die Welt nicht mehr zu retten?
So reden doch nur depressive Idealisten, wie dieser Umweltaktivist während seines Referats wohl war. Oder zumindest so rüberkam. Die ganze Thematik des Umweltschutzes ist ja auch komplex genug, da braucht es viele Experten. Dieser Referent könnte einer gewesen sein. Mit einem Tunnelblick der anderen Art. Fokussiert auf sein Thema der Kunststoffproblematik. Im Tunnel sieht man ja bekannterweise nur die nahen Wände und wohin sie führen. Die Sicht auf das große Ganze gibt es zur selben Zeit nicht.
Vielleicht braucht ein Mensch in gewisserweise sowas wie Zielpunkte, ein Form von Sinnbilder. Im Fokus stehende Baumarten, Wale oder Insekten wie Bienen. Um Beispiele zu nennen. Oder eben Negativexemplare wie die Kunststoffflut der letzten Jahrzehnte. Das Eine wie das Andere ist wohl von Nöten um besser zu verstehen um was es auf dieser Welt wirklich gehen sollte. Um es visualisieren zu können.
Als wenn man die Systeme von Fixsternen studiert und das ganze Universum drumherum links liegen läßt. So kommt mir manch einer vor. Doch das Ökosystem der Welt ist viel umfassender und komplexer als solche Fixpunkte.
Eines fernen Tages wird sich die Natur vom Menschen erholt haben. Sie braucht ihn nicht. Jedoch braucht der Mensch die Natur und sollte sie nach besten Wissen und Gewissen erhalten oder gar regenerieren.
Inzwischen ist Nachhaltigkeit etwas, was direkt schon mehrheitsfähig und Fair Trade kein Fremdwort ist. Auch auf Öko- und Bioabzeichen wird geachtet, mögen deren Kriterien mitunter fragwürdig sein.
Alles Schlagwörter welche vor gerade mal ein, zwei Generationen nur damals so bezeichnete deppische Ökos kannten. Und Die waren ja eh grundsätzlich verdächtig, allgemein suspekt, mindestens wehrkraftzersetzend, wenn nicht gar eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.
Wer, bitte schön, würde heute noch so denken und reden?
Die Thematik von Respekt und Achtsamkeit, also auch von Nachhaltigkeit zur Umwelt mag noch nicht in der ganzen Bevölkerung angekommen und so tief verinnerlicht sein. Heutzutage geht es um das Wie und nicht um das Ob von Naturschutz.
Inzwischen ist vegetarische sowie vegane Ernährung so trendy, daß man schon flexigan ist, wenn man einfach nur weniger Fleisch und abwechslungsreicher ißt. Nicht weil man müsste, sondern weil man will. Es wir sogar die Frage aufgeworfen woher das Fleisch auf dem Teller kommt und ob das Tier unnötig hat leiden müssen. Die Antworten pendeln sich ein zwischen sanft zu Tode gestreichelten, preislich luxuriösen Kobe-Rind und billigen weil vollmedikamentierten, durch ganz Europa hin- und hertransportierten Massentierschlachtvieh.
Wenn ich für mich als Fleischfresser so darüber nachdenke hat dies irgendwie etwas von dem Bestreben zivilisierter Gesellschaften nach einer humanen Exekution der Todesstrafe.
Wobei – Unterschiede gibts ja schon…
detailliert und fokussiert betrachtet, jedoch nicht prinzipiell im Ganzen betrachtet.
Aber gut, ich pendel‘ wieder und schweife dabei auch noch ab.
Der Punkt ist, so wie viele Menschen immer mehr auf ihre Ernährung achten, so achten sie auch mehr auf die Natur, auf Wiederverwertung und Nachhaltigkeit. Selbst bei Ausreißern im Trend wie diesen Coffee-to-go Bechern entwickeln sich Verbesserungen wie Pfandvarianten oder Thermobecher, die man gleich von Zuhause mitnimmt und geleert wieder mit Heim bringt.
Was hätte dieser Greenpeace-Aktivist, Mitglied einer weltweiten Organisation, vor 120 – 150 Jahren in Deutschland gemacht?
Als es hier so richtig rund ging mit der Industrialisierung. Samt massiven Kohleabbau inklusiver Kinderarbeit in den Minen, sowie rücksichtloser Waldrodungen und Nutzbarmachung von unbebauten Flächen.
Mit dem Wissen was los ist und Prognosen wohin die Reise geht, gestützt auf gewissenhaft zusammengetragenen – wohlgemerkt damals – aktuellen Daten; was hätte er gemacht?
Wäre er zwecks Selbsttötung durch Vergiftung im Rhein geschwommen?
Wobei das ökologische System des Rheins soll ja erst im Laufe des deutschen Wirtschaftswunders gekippt sein. Allerdings auch nicht endgültig. es ist inzwischen wieder dabei sich zu erholen.
Worauf ich insgesamt hinaus will:
Es gibt keine Garantie darauf das alles besser wird. Keinen Automatismus für ‚Es wird schon gut gehen.‘ Aber auch keinen zur Verdammnis des Untergangs. So wenig wie der Mensch die Krone der Schöpfung ist, alles Wissen erfahren hat und eben über diese Schöpfung herrscht; so wenig ist er fähig sie total zu zerstören oder zu retten.
Der Mensch ist im großen und ganzen bemüht sich zu verbessern und richtig zu handeln. Leider nicht of genug und im rechten Maße. Diverse Rückschläge und individuelle Ausnahmen mit einbezogen.
Die Frage ist doch nicht ob die Welt noch zu retten ist. Die hat sich schon oft genug selbst gerettet. Ob Asteroidenkollisionen, globale Vulkanausbrüche, einfrieren zur Eiskugel oder gekippte Ökosysteme – alles schon dagewesen und stets hat es die Welt überlebt und weitergemacht.
Die Frage ist nicht ob die Schöpfung sich von den Spuren des Menschen erholen wird. Denn das wird sie und dies ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Die Frage ist ob der Mensch das noch erleben wird.
Und bis dahin…
Halte ich es für besser wenn Idealisten in ihren melancholischen, pessimistischen, depressiv angehauchten Phasen nicht vor emphatischen Publikum sprechen.
Seitenhieb:
Ein kurzer Schlenker zum Bereich der Glosse…
Und ja, das war bitterer Sarkasmus meinerseits. Geradezu gehässig. Nichtsdestotrotz mußte es raus. Ganz so Stoa bin ich nun ja noch nicht, als das ich darauf verzichten könnte.