Über den Nutzen eines Putsches und dessen Folgen

Auch dieser Text wuchs im Laufe der Wochen.

Über 300 Tote und 2000 Verletzte. Für was? Die toten Zivilisten gaben wohl ihr Leben zur Verteidigung der Demokratie. Oder zumindest zur Verteidigung ihres Erdogan und seiner AKP.

Und die Militärs? In wessen Auftrag marschierten sie? Seltsam unprofessionell verlief dieser Angriff auf die gewählte Volksvertretung. Da wird der öffentliche Fernsehsender besetzt, nicht die Ministerien. Nicht die Zentralen. Erdogan spricht davon das sein Urlaubshotel beschossen wurde. Einen Versuch ihn festzunehmen gab es wohl nicht. Die Brücke über den Bosporus wird gesperrt. Und sonst nichts?

Andererseits wäre das nicht der erste unprofessionelle Umsturzversuch von Armeeangehörigen. In Russland meinten sogar mal ein paar besoffene Generäle sie könnten mal schnell die Sowjetunion übernehmen.

Vielleicht brach die Militäroperation auch deswegen ein weil die Soldaten keine Massaker an demonstrierenden türkischen Zivilisten verüben wollten. Zu viele Tote gab es auch so bereits.

Wer immer diesen verpfuschten Putsch zu verantworten hat, bezahlen mussten ihn zuerst Zivilisten, die sich dem rebellierenden Militärs in den Weg stellten, und die Soldaten, die daran teilnahmen.

Doch während in der Nacht des Putsches noch das Volk allem Anschein nach zusammenstand gegen die, im wahrsten Sinne des Wortes, Teilstreitkräfte, so verflüchtigt sich diese Gemeinschaft in der Zeit danach und das Land erscheint gespaltener und zerrissener wie zuvor. Diese Spaltung, dieses ausschließliche Für oder Gegen Erdogan, zieht sich bis tief hinein in die türkische Gemeinschaft hier in Deutschland. Das kann dann schon so deutschtümlerisch ablaufen wie bei den Massendemomstrationen in Köln. Die Einen linksrheinisch, die anderen rechtsrheinisch. Ein eher trauriges Beispiel an Integration wenn die ‚Deutschländer‘ (wie die Exiltürken in der Türkei genannt werden) auf diese Art den kölsche Zwist für sich adaptieren.

Erdogan wäre als Präsident in der Position und in der Verantwortung zu vermitteln zwischen säkularen und religiösen Kräften. Dazu anzuhalten miteinander zu reden und zu diskutieren anstatt zu schreien und zu streiten. Er spaltet und treibt den Keil immer tiefer in die türkische Seele. Mag sein das er Nutznießer von Reformen und Entwicklungen war, die vor seiner Regierungszeit begonnen wurden. Doch wußten er und seine Minister wohl diese gut zu nutzen. Für die Infrastruktur zum Wohle der Gesellschaft zum Beispiel. Und es wurden der kurdischen Kultur Freiheiten gewährt. Ein Dialog mit den Kurden begann. Nun ist er mitten drin alles zunichte zu machen woran er mit aufbaute. Leider begleicht Erdogan bei der Gelegenheit dieses ‚Geschenk Gottes‘, wie ein Regierungsmitglied so schön entlarvend sich äußerte, lieber alte Rechnungen. Oder solche die er dafür hält.

Unterschiedliche Beweggründe für solche ‚Säuberungsaktionen‘ führen zu unterschiedlichen Zielen. Mit seinem Schlag gegen die Gülen-Bewegung schaltet er wohl eher einen Konkurrenten um die Macht aus als das er die Demokratie retten will. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel. Im Gegenteil zeigt die Wahl der Mittel und die Durchführung eher auf den eigentlichen Zweck, auf das eigentliche Ziel hin.

Wo bleiben die Beweise? Wenn man Zehntausende (4 Wochen ist nun der Umsturzversuch her und es gab 20.000 Inhaftierungen & 80.000 Entlassungen bzw. Suspendierungen, laut Ministerpräsident Yldirim) von ihren Arbeitsplätzen entfernt und Tausende inhaftiert, sollte in einem Rechtsstaat dann nicht auch eine entsprechende Beweiskette vorliegen? Meinem Rechtsempfinden nach werden erst Beweise gesichert, dann angeklagt und anschließend das Urteil gefällt. Untersuchungshaft ist da eher die Ausnahme als die Regel. Aber eine derartige Menschenmasse auf Verdacht vor die Tür oder ins Gefängnis setzen; sowas kommt in meinem Rechtsempfinden nicht vor. Und im meinem Empfinden von Demokratie und Gerechtigkeit erst recht nicht. Traurig auch das es Wochen dauerte bis öffentlich gefragt wurde wo den die Gefängnisse sind in denen die Gefangenen inhaftiert sind. Oder viel mehr wie überfüllt die Gefängnisse sind.

 

Orthographische und grammatikalische Fehler bitte ich zu entschuldigen.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.